Angesichts des Parteitages der AfD in Nürtingen und des abermals geplanten Ausschlusses von Medienvertretern hat sich der DJV Baden-Württemberg am heutigen Tag mit einem offenen Brief an Verleger, Intendanten, Geschäftsführer, Chefredakteure und weitere verantwortliche Medienschaffende gewandt. Ziel des offenen Briefes ist eine freiwillige Selbstverpflichtung der baden-württembergischen Presse- und Medienorgane im medialen Umgang mit der AfD.
Medialer Umgang mit der AfD – Freiwillige Selbstverpflichtung
Sehr geehrte Damen und Herren,
der DJV-Landesverband Baden-Württemberg appelliert an Sie, im Sinne einer freiwilligen Selbstverpflichtung der Presse und Medien, die mediale Provokationsspirale der AfD in Baden-Württemberg
durch eine ausführliche Berichterstattung über den Parteitag in Nürtingen nicht weiter zu nähren.
Wenn, wie geplant, die Medien vom Parteitag ausgeschlossen werden und nur durch eine Pressekonferenz und damit über gefilterte Informationen über den Ablauf des Parteitages informiert werden,
können sich die Bürger/-innen keine differenzierte Meinung zu denjenigen Personen bilden, von denen sie zukünftig möglicherweise im Bundestag vertreten werden. Der Verdacht liegt nahe, dass auch
auf dem Parteitag der AfD in Nürtingen nur eine gelenkte Berichterstattung stattfinden soll. Wenn aber eine freie Berichterstattung behindert wird, dann müssen dies Journalistinnen und
Journalisten auch so darstellen dürfen, anstatt mit Blick auf die Quote bzw. die Auflage den Populisten bei schmalem Informationsgehalt großen Raum einzuräumen.
Bereits letzten November hat die AfD bei ihrem Parteitag in Kehl eine transparente Berichterstattung durch den Ausschluss der Presse behindert, aber dennoch große mediale Beachtung gefunden. Das
medial scheinbar erfolgreiche Modell sollte nun nicht wiederholt werden. Wie jeder anderen Partei gebührt auch der AfD eine Berichterstattung über die notwendigen Fakten, dazu bei Bedarf auch
eine kommentierende Einordnung. Darüber hinaus sollte dieser Partei mit derzeit laut eigenen Angaben nur 3.755 Mitgliedern und Förderern aber kein zusätzlicher redaktioneller Platz eingeräumt
werden.
Damit würde der AfD kostenlos Reichweite ermöglicht, die sie sich über bezahlte PR- und Marketing-Maßnahmen nicht leisten könnte. Den Parteitag der AfD über Gebühr ins Blickfeld zu rücken, wäre
eine Angstreaktion auf die Äußerungen von AfD-Sympathisanten in den sozialen Netzwerken und damit ein schlechter Maßstab für die Medien im Land Baden-Württemberg.
Die Debatte über die Digitalisierung, die Sozialen Medien, Fake-News und damit einhergehende politische Folgen ist spätestens seit der Wahl von Donald Trump das mit am meisten diskutierte Thema.
Die laufende Debatte wirft schon jetzt ein Schlaglicht auf die anstehende Bundestagswahl und die Wahlen in Nachbarländern wie Frankreich und den Niederlanden.
Natürlich stehen die zuständigen Redaktionen der Tageszeitungen, des öffentlich-rechtlichen sowie des privaten Rundfunks in der Verantwortung. Sie alle sollen Fakten liefern, Zusammenhänge
darstellen und Fake-News entlarven. Dies stellt aktuell und konkret nicht nur eine enorme Herausforderung für den journalistischen Berufsstand, sondern auch für unseren Rechtsstaat und die
Grundwerte unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung dar.
Umso wichtiger bleibt ein aufklärender Journalismus, der für Transparenz sorgt. Unterstützen Sie Ihre festen und freien Redakteurinnen und Redakteure in diesem Sinn und bei dieser schwierigen
Aufgabe.
Mit freundlichen Grüßen
Dagmar Lange
1. Landesvorsitzende