Rabatz in Esslingen: 500 Teilnehmer bei der landesweiten Streikkundgebung – Verleger lassen Volos links liegen

Stuttgart/Esslingen, 25.04.2018. Es wurde eng in Esslingens Gassen: Rund 500 Journalistinnen und Journalisten aus Baden-Württemberg versammelten sich heute auf dem Esslinger Rathausplatz, um der 5. Gehaltstarifrunde mit den Zeitungsverlegern Dampf zu machen. Esslingen wurde bewusst ausgewählt, weil sich dort heute auch Verleger- wie Politiker-Prominenz zur Feier „150 Jahre Eßlinger Zeitung“ traf. Ganz klar wurde: Wertschätzung muss sich auch in Form von Geld widerspiegeln. Leidenschaft für den Beruf allein reicht nicht, zum Leben gehört auch eine finanzielle Perspektive.

Bildquelle: Wolf-Dieter Obst
Bildquelle: Wolf-Dieter Obst

Ein imponierender Aufzug schlängelte sich vom Gewerkschaftshaus über die 1,3 km lange Strecke bis zum Rathausplatz, wo die Kundgebung stattfand. Begleitet von einer Trommler-Gruppe, dem Akkordeon-Spieler Stefan Hiss und von einem Kurzauftritt des Freestyle-Rappers Toba Borke & Pheel, der bereits im März in Stuttgart und am Vortag in München mit seinen passgenau improvisierten Raps zur Situation der Medien die Menge begeisterte. Die Äußerung einer Redakteurin vom Mannheimer Morgen spiegelt die Stimmung wider: „Es war eine super Veranstaltung – einhellige Meinung hier! Bitte mit einem großen Dank an das Orga-Team weitergeben!“

Bildquelle: Wolf-Dieter Obst
Bildquelle: Wolf-Dieter Obst

Verlegerverhalten ist unanständig
Milva-Katharina Klöppel aus Heilbronn trug engagiert die Rede der DJV-Landesvorsitzenden vor, die wegen Heiserkeit ausfiel. Darin hieß es in Bezug auf die Tarifverhandlung: „Es ist unanständig, wenn nach vier Verhandlungsrunden nicht einmal der Inflationsausgleich zur Diskussion steht. Es ist unanständig, wenn Volontäre als billiger Redakteurs-Ersatz verbraten werden und Jungredakteure keine vernünftigen Einstiegsgehälter erhalten. Es gibt keine Gründe dafür, dass Onliner schlechter als ihre Printkollegen entlohnt werden. Ohne die Freien würde in vielen Redaktionen gar nichts mehr laufen, aber die Freien werden im Niedriglohnsektor abgespeist.“

Bildquelle: Christine Bilger
Bildquelle: Christine Bilger

Die Streikenden zeigten in Hör- und Sichtweite der Prominenz, die sich zur Jubiläumsfeier der Eßlinger Zeitung eingefunden hatte, eine starke Präsenz. Ab 16 Uhr gab es ein Trillerpfeifenkonzert direkt vor dem Neckarforum, wo die geladenen Gäste die Eßlinger Zeitung feierten, die kurz vor ihrem 150-jährigen Geburtstag ihre Unabhängigkeit verlor und an die SWMH verkauft wurde. Als Gäste dabei waren u. a. Mathias Döpfner, BDZV-Präsident und Vorstandsvorsitzender der Axel Springer SE, Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Valdo Lehari jr. Vorstandsvorsitzender VSZV.


Verleger lassen Volos in Berlin stehen
Rund 20 junge Journalistinnen und Journalisten aus ganz Deutschland bildeten zur heutigen fünften Verhandlungsrunde das Empfangskomitee für den BDZV. Sie lasen den Verlegern ihr Manifest vor, in dem sie über die Situation junger Journalistinnen und Journalisten informieren und klarmachen, dass sie endlich mehr Einkommen brauchen, um weiter guten Journalismus zu liefern. Ihr eindringliches Statement: "Versuchen Sie nicht länger, den Journalismus kaputt zu sparen. Sonst müssen Sie bald alleine an Ihrer Zukunft schrauben." Hier der Link zum Manifest der Journalistinnen und Journalisten

 

Nach gut 20 Minuten wurden die Volontäre von der Verlegerseite stehengelassen. Das war beschämend!

Stand 18 Uhr am heutigen Mittwoch hat sich die Verlegerseite in der Tarifverhandlung nicht bewegt. Wir streiken weiter. Offensichtlich wird seitens der Verleger die Widerstandskraft der Redakteure und der Freien unterschätzt.