Kreative Streikaktionen von Heddesheim bis Ulm

Baden-Württemberg. Vor der 6. Verhandlungsrunde zum Gehaltstarifvertag an Tageszeitungen, die am kommenden Montag stattfindet, zeigten sich die baden-württembergischen Kolleginnen und Kollegen entschlossen solidarisch. Seit dem 28. Mai bis zum Verhandlungstag befinden sich in unterschiedlichen Wellen insgesamt 22 Redaktionen aus Baden-Württemberg im Warnstreik. Bei der Südwestpresse Ulm und beim Mannheimer Morgen wurde diesen Freitag der Kontakt mit den Lesen gesucht. Auch die nicht tarifgebundenen Kolleginnen und Kollegen der Fränkischen Nachrichten traten in einen Solidaritätsstreik, ebenso die Onliner von Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten.

Solidarisch mit den streikenden Redakteur*innen: Einstein-Figuren des Künstlers Ottmar Hörl am Ulmer Münsterplatz.  Foto: Volkmar Könneke
Solidarisch mit den streikenden Redakteur*innen: Einstein-Figuren des Künstlers Ottmar Hörl am Ulmer Münsterplatz. Foto: Volkmar Könneke

Ihren Unmut über die schleppende Tarifverhandlung und das „absolut unverschämte“ Angebot der Verleger machten die Redakteure und Redakteurinnen der Südwestpresse Ulm, der Neuen Württembergischen Zeitung Göppingen sowie des Hohenloher Tagblatts aus Crailsheim am heutigen Freitag deutlich. Zentral auf dem Ulmer Münsterplatz fand die öffentlichkeitswirksame Demonstrationsaktion statt, eingebunden wurden die temporär auf dem Platz stehenden Albert-Einstein-Skulpturen von Künstler Ottmar Hörl.

Für einen informativen Wochenmarkt sorgten die Kolleg*innen des Mannheimer Morgen in Heddesheim. Foto: Hans-Jürgen Emmerich
Für einen informativen Wochenmarkt sorgten die Kolleg*innen des Mannheimer Morgen in Heddesheim. Foto: Hans-Jürgen Emmerich

Die „dritte Hälfte“ ist zuwenig
Zwischen Fisch, Fleisch, Käse, Obst und Gemüse suchten die Streikenden des Mannheimer Morgen auf dem Wochenmarkt in Heddesheim den Kontakt zu ihren Lesern, denn die Ausgabe Neckar-Bergstraße des „MM“ ist hier unangefochtene Nummer eins. Am praktischen Beispiel erklärten sie, warum sie nicht länger von der Lohn- und Gehaltsentwicklung in anderen Branchen abgehängt sein wollen. Passend zum Wochenmarkt demonstrierte das ein aufgeschnittener Apfel: Während die Tariflöhne gesamtwirtschaftlich seit dem Jahr 2000 um fast 50% anstiegen, gab es bei Journalisten gerade einmal ein Plus von 25%. Dem knackig roten Apfel fehlt also ein Viertel. Dieses Viertel fordern die Streikenden des Mannheimer Morgen zurück.

Die Redakteurinnen und Redakteure machten das Prinzip der Verleger deutlich, die nach einem Gedicht von Frantz Wittkamp handelten:

Komm, wir teilen brüderlich
den Apfel in der Mitte.
Zwei der Hälften esse ich
und du bekommst die dritte.

Mit der „dritten Hälfte“ wollen sich die streikenden Redakteure nicht länger abspeisen lassen.