Eßlinger Zeitung: Solidarisch gegen Magerhonorare

Esslingen, 12. Juli 2018. Seit dem 28. Juni fehlen in der Eßlinger Zeitung die Artikel der freien Lokal-Journalistinnen und Lokal-Journalisten, die normalerweise die Hälfte aller Artikel im Lokalteil verfassen. Die Freien haben solidarisch ihre Arbeit niedergelegt und EZ-Geschäftsführer Andreas Heinkel aufgefordert, das Zeilengeld auf 78 Cent zu erhöhen.

Denn seit acht Jahren gibt es nur 62 Cent pro Zeile. In einem Flugblatt, das an die Leserinnen und Leser der Eßlinger Zeitung verteilt wurde, rechnen die Freien vor, dass sie für einen 100-Zeilen-Bericht über eine dreistündige Gemeinderatssitzung nur 62 Euro erhalten. Davon gehen noch die Sozialversicherungsbeiträge ab. Außerdem erscheint die EZ seit Januar in einem neuen Layout mit längeren Zeilen. Ein höheres Zeilengeld gibt es dafür nicht. Den Honorarverlust nannte Heinkel einen „Kollateralschaden“.

„Qualitätsjournalismus“ mit ungelernten Kräften
Statt auf die Forderungen der Freien einzugehen, ließ Heinkel große Stellenanzeigen in der EZ schalten: „Freie Mitarbeiter für die Lokalredaktion“ werden ab sofort gesucht. Als Profil wird genannt: „Sie haben Spaß am Schreiben und ein gutes Sprachgefühl“. Den Führerschein soll man besitzen und „Je flexibler Sie sind, desto besser“. Im Klartext: Die EZ sucht ungelernte Kräfte als freie Journalisten!

Die DJV-Landesvorsitzende hat an Geschäftsführer Heinkel geschrieben und gefragt, was der Eßlinger Zeitung guter Lokaljournalismus überhaupt noch wert sei?
Und weiter schrieb Lange unter anderem: „Wo bleibt das von den Verlegern stets gepriesene Postulat für den Qualitätsjournalismus? Womit wollen Sie die hohen Voraussetzungen für ein Volontariat begründen, wenn die Anforderungen in einer Stellenanzeige von Bechtle Verlag & Druck derart in den Keller definiert werden? Das ist so, als würde ein Konditor für seinen Betrieb eine Hausfrau suchen, die gut Kuchen backen kann. Hauptsache, man spart sich eine tarifliche Vergütung bzw. bei den Freien eine Vergütung nach den eh schon viel zu niedrigen gemeinsamen Vergütungsregeln, bei denen sich die Eßlinger Zeitung an der untersten Schwelle orientiert. Mit Ihrer Haltung zeigen Sie, dass Sie die Arbeit der Freien nicht würdigen, die eine wichtige Säule für guten Journalismus und erfolgreiche Zeitungen sind.“

Mittlerweile scheint etwas Bewegung in die Sache zu kommen. Dazu haben sicherlich auch die erbosten Leserbriefe beigetragen. Am Freitag, 13. Juli, findet ein Gespräch zwischen den Freien und Heinkel statt. Der DJV Baden-Württemberg unterstützt die Freien während Ihres Streiks.