Facebook-Journalismus

Ein Zwischenruf von Peter Welchering.

Facebook-Chefin Sheryl Sandberg hat vor kurzem auf der Münchner Digitalkonferenz DLD ein interessantes Sponsoring bekanntgegeben: 6,6 Millionen Euro fließen an ein Institut für Ethik an der TU München. In allen Medien war das daraufhin ein Thema. Nur wenige haben kritisch zu dieser Übernahme eines Universitätsinstituts für Ethik durch den Internet-Konzern berichtet. Wieso sind die Medien so unkritisch mit diesem hoch problematischen Sponsoring umgegangen?

Photo by Glen Carrie on Unsplash
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Die Antwort liegt auf der Hand und ist wenig erbaulich. Einige Journalisten, Medienmanager und Dozenten für Journalismus erhalten bereits Geld von Facebook, nicht wenige erhoffen sich künftig eine großzügige Alimentierung ihrer Arbeit durch den moralisch oftmals äußerst fragwürdig handelnden Internet-Konzern.

Der Fall der Hamburg Media School zeigt das deutlich. Mit dem Digital Journalism Fellowship will die Hamburg Media School Journalisten für die digitalen Zeiten fit machen. Und sie lässt sich das ausgerechnet und zu 100 Prozent von Facebook bezahlen.

In der Diskussion über diese fragwürdige Finanzierung eines journalistischen Fortbildungsangebots forderte eine Kollegin sogar dazu auf, die Kohle mitzunehmen, egal von wem sie stamme. Ein "Klassenausflug in die USA" im Rahmen des Digital Journalism Fellowship, bezahlt von Facebook, sei doch auch eine tolle Sache.

Diese Einschätzung einer Kollegin hat mir eines deutlich gezeigt: Unser Beruf ist aus leicht identifizierbaren Gründen in einer ernsten Krise!

Facebook mit seinen zahlreichen Datenskandalen, Facebook mit seinen medienpolitisch hochgradig umstrittenen Einflussnahmen auf die Politik, Facebook mit seinen ethisch höchst bedenklichen Datengeschäften in Sachen persönlicher Profilbildung finanziert journalistische Fortbildung und macht Journalisten dadurch abhängig.
Facebook als Plattform für menschenverachtenden Fremdenhass und rechtsradikale Ideologien, Facebook, das genau hier seine medienpolitische Verantwortung leugnet, dieses Facebook zahlt Journalisten Geld.

Und es gibt Kollegen, die sagen: Egal, Hauptsache die Kohle fließt!

Nun hat Facebook in einer Kampagne sogenannte Fake News produzieren lassen. Mark Zuckerberg hat das bedauert, Sheryl Sandberg hat gesagt, man habe das inzwischen abgestellt. Mit diesen Fake News sollten Kritiker von Facebook mundtot gemacht werden. Den Kritikern wurde unterstellt, vom Investor George Soros abhängig zu sein. George Soros hatte die Internet-Konzerne Facebook und Google auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos heftig kritisiert.

Derlei Kritik gilt Mark Zuckerberg übrigens immer noch als Majestätsbeleidigung. Beauftragt wurde mit dieser Schmutzkampagne die Firma "Definers Public Affairs" aus Washington. Deren Chef, Tim Miller, sorgt nach eigenen Worten dafür, dass über die Kritiker seiner Auftraggeber negative Inhalte veröffentlicht werden. Das nennt man übrigens schwarze Public Relations, schwarze PR. Darin haben die Leute von Definers mächtig Übung.

Diese Leute, die Facebook mit der Produktion von Fake News beauftragt hat, stammen aus dem Umfeld der Trump-treuen Republikaner, und sie arbeiten mit allen schmutzigen Tricks für ihre Auftraggeber, eben auch für Facebook.

Solch eine Schmutzkampagne hatte nun also Facebook bei Trump-Getreuen, bei völlig enthemmten Öffentlichkeitsarbeitern beauftragt.

Nachdem amerikanische Zeitungen darüber berichtet hatten, wurde natürlich auch die Hamburg Media School, die sich für Digital Journalism Fellowship zu 100 Prozent von Facebook bezahlen lässt, gefragt, wie sie denn diese Facebook-Schmutzkampagne gegen Kritiker von Facebook bewertet.

Die Antwort: keine.

Schweigen im Walde! Ein beredtes Schweigen, zugegeben ein sehr beredtes Schweigen. "Hauptsache, die Kohle stimmt!"

Eine Journalisten-Fortbildung, die von einem Internetkonzern mit umstrittenem Geschäftsmodell finanziert wird, von einem Konzern, der eine Schmutzkampagne in Auftrag gibt, um Kritiker auszuschalten, eine solche Journalisten-Fortbildung trägt dazu bei, dass Journalismus wertlos wird. Das müssen wir einfach sehen!

Es sieht nicht gut aus für den Journalismus zurzeit, und wir wissen, warum.