SWMH: Kein Konzept für das Kerngeschäft Print

Bereits 2015 wiesen die Kolleg*innen beim Stuttgarter Pressehaus auf den Irrweg hin – und bekommen wiederum recht. Foto: Christoph Holbein
Bereits 2015 wiesen die Kolleg*innen beim Stuttgarter Pressehaus auf den Irrweg hin – und bekommen wiederum recht. Foto: Christoph Holbein

Stuttgart, 12. Juli 2019. Große Unruhe im Stuttgarter Pressehaus. Der Unmut gegen die Konzernpolitik gewinnt seit Anfang Juli an Fahrt. Größter Troubleshooter für den Konzernbetriebsrat der Medienholding Süd – zu der unter anderem die beiden Stuttgarter Zeitungen, der Schwarzwälder Bote und die Eßlinger Zeitung gehören – ist der neue Geschäftsführer Christian Wegner. Dicht gefolgt von der Unternehmensberatung Schickler, die sich seit Jahren als bewährte Erfüllungsgehilfin für die Verlagsgeschäftsführung erweist, wenn es darum geht, Stellen einzusparen. Aktuell im Fokus der Untersuchungen von Schickler liegen die Bereiche Lesermarkt, Werbevermarktung und Redaktion. Die Rede ist von 30 Stellen, die durch Synergien durch eine weitere Zentralisierung entfallen sollen.

Die Cash Cow Print muss bluten

Denn Geschäftsführer Wegner hat dem Konzernbetriebsrat bereits angekündigt, „im Kernbereich massiv Kosten“ einsparen zu wollen. Als „Kernbereich“ versteht Wegner in seinen Reden stets die Printausgaben mit ihrem Qualitätsjournalismus.

Der KBR der Medienholding Süd hat in einem offenen Brief an die Geschäftsführer Christian Wegner und Alexander Paasch massiv deutlich gemacht, dass das Bespielen digitaler Kanäle nicht zulasten des Kerngeschäfts (also Print) gehen darf, das nach wie vor die Basis des wirtschaftlichen Erfolgs bilde. Beim KBR sieht man „keine ernsthaften Anstrengungen“, das „Kerngeschäft (Print/Qualitätsjournalismus) zu erhalten und womöglich sogar auszubauen“.

P7S1-Manager als zweifelhafte Wegweiser

Vergrätzt ist der KBR zurecht auch wegen der Kosten, die einerseits die Unternehmensberatung Schickler verursacht, andererseits über neue Personalkosten in der Führungsebene. Denn Wegner hat zwar auf allen Ebenen ein Sparprogramm vorgegeben, aber andererseits in der Chefetage lukrative Jobs an ehemalige Weggefährten aus seiner Zeit bei ProSiebenSat1 vergeben.

Mittlerweile schauen die Stuttgarter fast neidvoll nach München zu den Kolleg*innen der Süddeutschen Zeitung, wo so gut wie nicht gespart werden muss. In einem Antwortschreiben, ebenfalls in Form eines offenen Briefs, betont MHS-Geschäftsführer Herbert Dachs, dass die „MHS im Vergleich zu anderen Medienhäusern gute Ergebnisse erzielt“, aber die digitalen Angebote zu Lasten des Zeitungsgeschäfts gehen würden. Die MHS müsse die Veränderungen des Marktes nutzen und neue Geschäftsfelder erschließen.

„Wie schon die Vergangenheit zeigt, haben diese neuen Geschäftsfelder wenig mit einer Investition in einen fundierten Journalismus zu tun“, befürchtet DJV-Landesvorsitzende Dagmar Lange. Der DVJ-Landesverband beobachte die Entwicklung im Stuttgarter Pressehaus kritisch und stehe den Kolleg*innen auch bei der Rechtsberatung zur Verfügung.