Bereits seit Mo. 19.04.2021 werden in Baden-Württemberg Personen der Priorisierungsgruppe 3 (erhöhte Priorität) geimpft, zu der laut der Corona-Impfverordnung des Bundes auch Personen gehören, die in besonders relevanter Position in der kritischen Infrastruktur tätig sind. Hierunter fallen Journalist*innen zumindest dann, wenn sie bei ihrer Tätigkeit z.B. auf Demonstrationen oder sonstigen Außeneinsätzen einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt sind. Dies muss laut Corona-Impfverordnung vom Arbeitgeber bescheinigt werden.
Der DJV Baden-Württemberg hatte daraufhin bereits frühzeitig an die Arbeitgeber im Medienbereich appelliert, auf Anfrage den Kolleg*innen solche Bescheinigungen auszustellen, was größtenteils auch unbürokratisch getan wurde. Betroffene freie Journalist*innen, die naturgemäß keinen Arbeitgeber haben, erhielten auf Antrag eine entsprechende Bestätigung vom DJV als Berufsverband.
Die gute Nachricht: Zumindest bei Hausärzt*innen haben inzwischen viele Kolleg*innen mit der Bescheinigung einen Impftermin erhalten.
Während Journalist*innen sich in anderen Bundesländern schon seit einigen Tagen auch ganz offiziell in Impfzentren impfen lassen können, wird in Baden-Württemberg bis heute von der bundesweiten Priorisierung abgewichen, indem innerhalb der Priorisierungsgruppe 3 zunächst nur über 60-jährige und dann Personen mit gewissen Vorerkrankungen geimpft werden sollen. Nach einer Pressemitteilung des Sozialministeriums vom 29.04.2021 sollen Beschäftigte in der kritischen Infrastruktur sowie Journalist*innen zur „dritten Priorität“ gehören und damit „voraussichtlich ab Mitte Mai“ geimpft werden können.
In der neu veröffentlichten Liste der Impfberechtigten werden Journalist*innen dabei übrigens nicht den systemrelevanten Berufen zugerechnet, unter Ziff. 28 jedoch als „Personen mit deutlich erhöhtem Risiko einer Infektion mit dem Coronavirus“ geführt. Konkret heißt es dort:
28. sonstige Personen, bei denen aufgrund ihrer Arbeits- oder Lebensumstände ein deutlich erhöhtes Risiko einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 besteht.
Hierunter fallen beispielsweise:
· Journalistinnen und Journalisten, die bei ihrer Tätigkeit einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt sind (z.B. auf Grund regelmäßiger Berichterstattung von Demonstrationen oder weiterer Präsenztermine)
Auch wurde mittlerweile ein Formular entwickelt, auf dem der Arbeitgeber dies bescheinigen soll. Hier wäre nach der o.g. Definition wohl der letzte Punkt („deutlich erhöhtes Infektionsrisiko“) anzukreuzen. Die Bescheinigung müsste dann „voraussichtlich ab Mitte Mai“ auch in den Impfzentren akzeptiert werden.
Der DJV-Baden-Württemberg bewertet das Vorgehen des Sozialministeriums in dieser Sache aus mehreren Gründen als sehr kritisch.
„Die Bevorzugung einzelner Personengruppen innerhalb einer Prioritätsgruppe ist aus unserer Sicht nicht mit der Coronavirus-Impfverordnung des Bundes in Einklang zu bringen“, sagt Gregor Schwarz, Landesgeschäftsführer und Syndikusrechtsanwalt des DJV BW. „Ein Bundesland kann eine solche Priorisierung nur nach gewissen Voraussetzungen vornehmen, die wir in Baden-Württemberg als nicht gegeben ansehen“, so Schwarz weiter.
Journalist*innen setzen sich insbesondere auf Corona-Demos einem besonders hohen Infektionsrisiko aus, werden z.B. oftmals von Corona-Leugnern ohne Maske aus nächster Nähe angeschrien. Während andere Berufsgruppen mit erhöhtem Infektionsrisiko wie Lehrer*innen oder Polizeibeamte schon seit Anfang Februar geimpft werden, bleiben Medienschaffende mit vergleichbar hohem Risiko bis heute außen vor.
„Journalist*innen leisten generell, ganz besonders aber während der Pandemie, einen ganz wesentlichen Beitrag zur Meinungs- und Informationsfreiheit “ gibt Markus Pfalzgraf, 1. Landesvorsitzender des DJV Baden-Württemberg zu bedenken. „Offensichtlich hält sie das Sozialministerium Baden-Württemberg aber nicht für systemrelevant genug, um ihnen frühzeitig Zugang zur Impfung zu gewähren. Es geht uns nicht darum, alle Medienberufe zu bevorzugen – sondern nur diejenigen, die wirklich bei ihrer Arbeit besonderen Risiken ausgesetzt sind. Das ist angesichts der Fortschritte beim Impfen vertretbar. Viele Hausärzt*innen sehen das auch so.“
Seinen Mitgliedern rät der DJV BW, sich weiterhin mit den bereits vorhandenen Bescheinigungen bei Hausärzt*innen um einen Impftermin zu bemühen. Spätestens mit der vom Arbeitgeber ausgestellten, o.g. Bescheinigung sollte es dann endlich auch möglich sein, einen Termin in einem Impfzentrum zu bekommen.
In anderen Bundesländern wie NRW wurden teilweise auch von örtlichen Gesundheitsämtern auf Antrag unbürokratisch Ausnahmegenehmigungen erteilt. Auch hier lohnt ggf. eine Nachfrage beim örtlichen Gesundheitsamt. Das Sozialministerium hat auf Nachfrage des DJV BW angekündigt, Ausnahmeregelungen für Journalist*innen oder spezielle Impftermine in Erwägung zu ziehen.