Medienfeindliche Demos: Abnahme und Anzeigen

Auch an diesem Wochenende gab es wieder medienfeindliche Aktivitäten aus den Kreisen derjenigen, die gegen die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie demonstrieren. Anders als zwei Wochen zuvor beim SWR blieb es dabei aber übersichtlich und entspannt. Nach Angaben der Stuttgarter Polizei zogen mehrere hundert Teilnehmende zum ZDF-Landesstudio, das sich neben der DJV-Landesgeschäftsstelle befindet. Dabei gab es keine Zwischenfälle. 

 

Auch anderswo in Baden-Württemberg wurde wieder demonstriert. Einen Gesamtüberblick auch über die Zahlen der Versammlungen und Teilnehmenden dürfte das Innenministerium Anfang der Woche geben. SWR-Bilder aus Freiburg zeigten am Samstag Plakate wie "Medien - wann berichtet ihr die Wahrheit?" neben Behauptungen über angebliche "Genexperimente" am Menschen. Das zeigt aus Sicht des DJV zum einen ein fehlendes Verständnis von der Rolle und Arbeitsweise der Medien, deren Aufgabe es ja nicht ist, eine einzige "Wahrheit" zu verbreiten, sondern ausgewogen nach journalistischen Kriterien zu berichten. Dabei gibt es keinen Anspruch darauf, bestimmte Meinungen oder Theorien zu verbreiten. Zum anderen werden so Medien oft für politische Entscheidungen oder gesellschaftliche Entwicklungen verantwortlich gemacht, über die sie berichten.

 

Das zeigt auch ein Aufkleber, der sich im DJV-Briefkasten fand: Er richtet sich unter dem Deckmantel der Kritik an einer möglichen Impfpflicht eigentlich gegen das Impfen selbst. Auf der Website der Aktion finden sich reihenweise unbelegte Behauptungen und haltlose Theorien zum Impfen. Eine kritische Haltung zum Impfen ist selbstverständlich allen unbenommen - aber weder der DJV, noch die Medien, für die unsere Mitglieder arbeiten, sind für das Impfen oder andere Maßnahmen in der Pandemie verantwortlich. 

 

Unterdessen hat der DJV-Landesvorsitzende Markus Pfalzgraf Anzeige gegen mehrere Personen erstattet, die mit besonders üblen Beschimpfungen im Umfeld der teils medienfeindlichen Demonstrationen vom 22. Januar aufgefallen waren. Nachdem sich der DJV im Vorfeld und auch nach der Demo vorm SWR eindeutig positioniert hatte, gab es per Mail, Kontaktformular oder auf Twitter neben Kritik in der Sache vor allem schwere Beleidigungen und wirre Fantasien über angeblich staatlich gesteuerte Medien, die nicht nur völlig faktenfrei daherkommen, sondern auch im Ton inakzeptabel sind. 

 

Markus Pfalzgraf begrüßt es, dass die Polizei jetzt ermittelt und hofft auf Konsequenzen: "Wir dürfen die Hasspost in der Menge auch nicht überbewerten, da es sich um einzelne Verirrte handelt, die staatliche Maßnahmen, wissenschaftliche Fakten und unabhängigen Journalismus nicht auseinanderhalten können oder wollen. Aber die Nachrichten, die wir bekommen haben, kommen womöglich für Straftatbestände wie Beleidigung oder Volksverhetzung in Betracht. Und damit ist eine Grenze überschritten." 

 

 

Nachtrag 8.2.2022: 

Inzwischen hat das baden-württembergische Innenministerium Zahlen zu den Demonstrationen am Wochenende bekannt gegeben. Demnach demonstrierten am Samstag landesweit 16.700 Menschen bei 31 Demonstrationen, davon 22 gegen die Corona-Maßnahmen. Am ganzen Wochenende waren es den Angaben zufolge insgesamt 23.700 Personen bei 73 Versammlungen, davon 61 mit Bezug zur Pandemie. Die Polizei berichtet von "etlichen Platzverweisen" und Zwischenfällen, schätzt aber das Geschehen als "überwiegend friedlich" ein. 

Am Montag gab es laut Angaben aus dem Innenministerium gegenüber der Nachrichtenagentur dpa landesweit mehr Versammlungen, aber weniger Teilnehmende als zuvor.