Mehrere Journalisten haben sich am Wochenende wegen Übergriffen an den DJV gewandt. Denn während die Stimmung bei den Demonstrationen in Stuttgart gegen die Corona-Auflagen oft friedlich war, gab es am Rande auch wieder Anfeindungen und Aggressionen gegen Medien. So griff ein Teilnehmer einem Journalisten ins Gesicht und bedrohte den Kollegen des Zeitungsverlags Waiblingen, der den Vorfall dokumentierte. Wie die Stuttgarter Zeitung berichtet, habe die Polizei den Angreifer später vorübergehend festgenommen und seine Personalien aufgenommen. Allerdings wurde er später wieder auf der Demonstration gesehen. Der betroffene freie Journalist spricht in der StZ von "extremer Pressefeindlichkeit".
Der ARD-Journalist Thomas Denzel brach eine Live-Schalte mit Tagesschau24 ab, weil ein harter Gegenstand in Richtung seines Teams geworfen wurde. Auf Twitter-Videos ist außerdem zu sehen, wie eine Gruppe das Kamerateam übel beschimpft und aggressiv anbrüllt. Dieser Kollege berichtete dem DJV, dass die Lage zuvor eigentlich entspannt gewesen sei. Viele Demonstrierende seien auch freundlich gewesen. Eine Teilnehmerin habe das Team sogar gegen einen hartnäckigen Pöbler in Schutz genommen.
Andere Kollegen sprachen von einer aufgeheizten Stimmung. Immer wieder hätten Demonstrierende Gruppen gebildet, pressefeindliche Sprechchöre skandiert oder die Kollegen aus unmittelbarer Nähe immer wieder angebrüllt.
"Es ist bedenklich, wie sehr sich die Demonstranten in Stuttgart immer mehr zu Aggressionen gegen Medienvertreter hinreißen lassen", sagt der 2. Landesvorsitzende des DJV Baden-Württemberg, Manfred Herbertz: "Es ist bedauerlich, dass die Polizei solche Übergriffe nicht verhindern kann. Zudem stellt sich dem DJV die Frage, warum angesichts der früheren Vorkommnisse nicht entsprechende Lehren seitens der Behörden gezogen wurden."
Denn die Eskalation war absehbar: Schon bei früheren Demonstrationen gab es aggressives Verhalten gegenüber unterschiedlichen Medienleuten auch in Stuttgart, das der DJV verurteilt hat. Nicht erst seit den Vorkommnissen in Kassel hätte den Verantwortlichen klar sein müssen, dass das ein ernstzunehmendes Problem ist. Dass Polizei, Stadt und Sozialministerium da gegenseitig aufeinander verweisen, ist befremdlich. Und dass die Stadt Stuttgart dann mit "Erleichterung" einen "friedlichen Verlauf" bilanziert, ist verwunderlich.
Deshalb bietet der baden-württembergische DJV-Landesvorstand der Stuttgarter Polizei ein Gespräch an. "Vielleicht können wir ja gemeinsam klären, wie Journalist*innen bei solchen Demonstrationen besser geschützt werden können", sagt der DJV-Landesvorsitzende Markus Pfalzgraf. Denn wenn eine freie Berichterstattung durch absehbar medienfeindliche Gruppen erschwert wird, die für sich in Anspruch nehmen, die Grundrechte gepachtet zu haben - dann ist eine Grenze erreicht.
Auch der DJV-Bundesverband sieht die aktuellen Entwicklungen sehr kritisch: Von den für den Polizeieinsatz Verantwortlichen erwarte der DJV klare Antworten, warum die Journalisten nicht ausreichend geschützt würden.