Pionierinnen des Journalismus: Clara Menck und Freiberuflichkeit heute

Clara-Menck-Preisträgerin Pia Bayer mit dem DJV-BW-Vorsitzenden Markus Pfalzgraf. Foto: Alwin Albert
Clara-Menck-Preisträgerin Pia Bayer mit dem DJV-BW-Vorsitzenden Markus Pfalzgraf. Foto: Alwin Albert

Was freie Journalistinnen bewegen können, wenn sie nur hartnäckig genug sind, hat Pia Bayer bewiesen: Die Clara-Menck-Stipendiatin des DJV Baden-Württemberg berichtete davon, wie sie und andere Kolleginnen mit guten Geschichten bei einer Lokalausgabe einer fränkischen Zeitung die Auflage steigern konnten. Steigern! In Zeiten der Zeitungskrise das unerhörte Gegenteil des Gewohnten. Nicht nur damit bewies Pia Bayer Biss und Durchhaltevermögen: Auch ihre Artikelserie in der "Neuen Presse" über die Ältesten in unserer Gesellschaft wäre ohne ihre Geduld und ihren Einsatz nicht so geworden, wie sie ist: Rührende, überraschende und informative Porträts der "Dorfältesten", sei es ein ehrenamtlicher Wetterbeobachter oder ein pensionierter Postbote, der noch immer seine gewohnten Runden dreht. Eine Idee, die der DJV Baden-Württemberg preiswürdig fand. Eine hochkarätige Jury hatte nicht nur Pia Bayer mit dem Hauptpreis bedacht - an dem sich auch die Familien Menck und Vézon-Daunis als Nachfahren der großen Kulturjournalistin Clara Menck beteiligt hatten - sondern auch weitere Finalistinnen lobend erwähnt, und einen Sonderpreis an das Lokaljournalismusprojekt "FeuerbachGO" vergeben, der ebenfalls an diesem Abend in der Stuttgarter Buchhandlung Pörksen überreicht wurde. Wie Pia Bayer ihre Protagonisten gefunden hat? Da hat Pia Bayer nicht den einfachen Weg gewählt, wie Rainer Hank anmerkte, der mit seinem neuen Buch über die "Pionierinnen des Journalismus" (Penguin/Random House) den ersten Hauptteil des Abends bestritt. 

Autor Rainer Hank (r.) im Gespräch über sein Buch "Pionierinnen des Journalismus". Foto: Christine Bilger
Autor Rainer Hank (r.) im Gespräch über sein Buch "Pionierinnen des Journalismus". Foto: Christine Bilger

Nicht zufällig fand die Lesung wenige Tage nach dem Todestag von Clara Menck statt, die am 7. Februar 1983 gestorben war und bis zuletzt als Feuilletonistin und Kritikerin geschrieben hatte. Geboren 1901, groß geworden in der kurzen Freiheit der Weimarer Republik, während des Krieges alleinerziehend im Verborgenen in Stuttgart (der Vater hatte jüdische Vorfahren), legte diese außergewöhnliche Intellektuelle in der Nachkriegszeit eine atemberaubende Karriere als Kulturjournalistin hin - stets freiberuflich. Eine "Quereinsteigerin mit Autorität", so nennt Rainer Hank sie in seinem Buch, in dem der Autor - eigentlich als Wirtschaftsjournalist bekannt - Clara Menck als einer der ersten den Platz einräumt, der ihr gebührt. Zwischen Größen wie Marion Gräfin Dönhoff, Elisabeth Noelle-Neumann oder Alice Schwarzer würdigt er das Schaffen einer engagierten Stimme im Westdeutschland der Nachkriegsjahre. 

Clara Mencks Enkelin Arianna Menck. Foto: Alwin Albert
Clara Mencks Enkelin Arianna Menck. Foto: Alwin Albert

Rainer Hank zeigte eindrucksvoll, wie eine Reihe mutiger Frauen schon in den späten 1940er, 1950er und 60er Jahren gegen Ungerechtigkeit anschrieben, Gleichberechtigung einforderten, und die Verfassungswirklichkeit der frühen Bundesrepublik mit prägten. Wer dachte, Debatten um Gleichstellung habe es erst mit dem Feminismus seit den 1970ern gegeben, bekam auch hier vielleicht das unerwartete Gegenteil des Gewohnten präsentiert. 

 

Als Feministin hätte sich Clara Menck dennoch nicht verstanden, sagte ihre Enkelin Arianna Menck, die Rainer Hanks Lesung und seine Recherchen um persönliche Eindrücke ergänzte. Genauso wenig habe sie sich als Journalistin verstanden: Clara Menck habe immer gesagt, sie sei Kritikerin. Vermutlich, um eine Verwechslung mit dem aufkommenden Boulevardjournalismus zu vermeiden, den sie äußerst kritisch gesehen haben wird. Und doch war sie ein frühes Mitglied, wenn nicht gar Gründungsmitglied des Deutschen Journalistenverbandes in Stuttgart, und damit eines der Vorläufer des DJV Baden-Württemberg. Weggefährten aus dem DJV erinnern sich an eine formvollendete, freundliche und stets professionell auftretende Kollegin. Bei aller beruflichen Distanz war war Clara Menck im Privaten wohl auch sehr warmherzig. 

Bis auf den letzten Platz gefüllt: Die Stuttgarter Buchhandlung Pörksen. Foto: Alwin Albert
Bis auf den letzten Platz gefüllt: Die Stuttgarter Buchhandlung Pörksen. Foto: Alwin Albert

Der Abend mit einem vorzüglichen Rahmenprogramm (Musik: Mikael Bagratuni; Lesung: Lisa Häge) zog so viele Gäste an, dass alle Plätze in der Buchhandlung Pörksen schnell reserviert gewesen waren. Nicht nur das Buch von Rainer Hank fand großen Absatz, sondern auch die neue Hannah-Arendt-Biografie von Thomas Meyer stand zur Verfügung. Außerdem gab es gegen einen kleinen Beitrag die Festschrift zu Ehren Clara Mencks zu kaufen, die auf einem Festabend zu ihrem 120. Geburtstag vorgestellt worden war. Sie ist auch weiterhin online verfügbar und hochwertig gedruckt über die DJV-Geschäftsstelle erhältlich. 

Vorschaubild Hauptseite: privat; Montage: Buchhandlung Pörksen